In the arms of an angel

Werner

Mein liebster Vater.

Oft fern gewesen, viele Erlebnisse nicht mit mir geteilt.
Oft der Gedanke an dich, wo du bist, was du tust, wieso du nicht bei mir bist.
Viele Jahre vergingen ohne dieses Band, das Liebe heißt. Viele Monate gingen vorüber, ohne deine Anwesenheit in meinem Leben.

Doch irgendwann kam der Tag, wo unser Band, lieber Papa, stärker wurde.
Der Tag, den ich nicht benennen kann. Plötzlich war sie da, die Vertrautheit zu dir, die ich so vermisste.
Zugehört hast du mir, während ich dich einfach nur bewunderte. Deinen Mut, deine Stärke, deinen Willen, der alles zu durchbrechen schien.
Umarmt hast du mich, wenn die Trauer mich auffraß.
Du hast mich öfter aufgefangen, als du es dir damals vielleicht vorstellen hast können.
Mein Dank war und ist heute noch meine unerschütterliche Liebe zu dir.
Geküsst hast du mich, als ich zu müde war, das Leben so zu akzeptieren wie es ist.
Geschimpft hast du mit mir, als ich dich einmal angelogen hatte.

Wenn ich an dich denke, fühle ich dich so nah bei mir und am weitesten entfernt.
Ich bin zerrissen ohne deine Liebe, ohne deine Stimme, ohne dein Wesen.
Du wolltest alles besser machen und durftest nicht mehr. Man gab dir diese Zeit einfach nicht.
Deine Kleider, deine Möbel, dein Geschirr. Alles liegt bei mir. Ich wollte es so. Doch wehe, ich betrachte es.
Dein Parfum liegt in der Luft und ich denke unweigerlich an dich.

Wie soll ich dir jetzt noch sagen, dass ich dich liebe? Dass ich dir alles vergebe. Dass der Mensch, der du warst, ein wundervoller war? Ich habe auch keine Gelegenheit mehr dazu.
Ich hatte dich nach deiner Krebs Diagnose nur noch ein halbes Jahr. Du hast gekämpft, ich weiß. Du hast es versucht, ich weiß. Du konntest nicht mehr, du wusstest es bereits. Du wusstest, dass ein besserer Ort auf dich wartet. Aber gesagt hast du es nie. Du wolltest bleiben aber innerlich warst du dir im Klaren, dass du bereits am Gehen bist.
Es tut mir leid, dass ich das nicht wusste.
Weißt du, ich wollte das nicht wahrhaben. Ich habe versucht, deine Krankheit zu verdrängen in dem Wunsch, dass sie dadurch nicht mehr da ist.
Ich habe dir jeden Tag an deinem Krankenbett gesagt, dass ich dich liebe und hatte immer Angst, dass das zu wenig ist. An dem Tag, an dem du starbst, blieb ich nicht lange bei dir. Heute wünsche ich mir, bis zum Schluss bei dir geblieben zu sein. Ein letztes Mal deine Stirn zu küssen, deine Hand in meiner liegen zu spüren, deinen Atem an meinem Gesicht, deine Stimme in meinem Ohr zu hören.

Ich werde dich immer lieben, von ganzem Herzen. Diese große, klaffende Wunde wird niemals verheilen. Zu groß ist der Verlust deiner. Ich wünsche mir zutiefst, dass du mich jetzt, egal wo du bist, sehen,wahrnehmen kannst und stolz bist auf mich.
Sei dir klar, irgendwann sehen wir uns wieder. Und dann sage ich dir das alles erneut.

Ich liebe dich, Papa.
Deine Tochter

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